Mitarbeiterbindung
17.03.2022|7 Minuten Lesezeit

Anwesenheitsprämie – Motivation oder Demotivation?

Edenred E.Blog Team
Verfasst von: E.Blog Team
Mitarbeiterbindung
17.03.2022|7 Minuten Lesezeit

Eine berechtigte Frage, denn solche Prämien sind längst keine Seltenheit mehr und finden sich mittlerweile in vielen Branchen. Sie werden oft als eine Art Gesundheitsprämie vom Arbeitgeber als Belohnung für die Mitarbeiter ausgeschüttet, falls diese niedrige oder gar keine Krankheitstage vorweisen können.
Doch führt das tatsächlich zur Reduktion von Krankheitstagen im Unternehmen oder gar einem wirtschaftlichen Mehrwert?

Information und Inspiration zugleich: In diesem Artikel geht es insbesondere um die Vor- und Nachteile einer Anwesenheitsprämie, die gesetzlichen und steuerlichen Regelungen zur Anwendung und welche praktischen Möglichkeiten es zur Ausschüttung von Prämien gibt. Zusätzlich können die Top 7 Tipps der besten Maßnahmen dabei unterstützen, die Anwesenheit der Mitarbeiter zu erhöhen und die Motivation zu stärken.

Die Anwesenheitsprämie und Ihre Vorteile

Eine Anwesenheitsprämie, die auch gern als Gesundheitsprämie bezeichnet wird, ist zunächst erst einmal eine Bonuszahlung, die für die Anwesenheit eines Mitarbeiters ausgezahlt wird. (Sie sollte bei dieser Begriffsverwendung aber nicht mit dem Konzept der Gesundheitsprämien von Krankenkassen verwechselt werden.)

Rechtlich gesehen handelt es sich bei dieser Prämie für die Anwesenheit der Mitarbeiter um eine Sondervergütung. Damit die Ausschüttung der Anwesenheitsprämie auch rechtens ist, muss dazu eine Vereinbarung im Arbeitsvertrag detailliert festgehalten sein. Manchmal regelt aber auch die Betriebsvereinbarung die Anwesenheitsprämie und die jeweiligen Ausschüttungsbedingungen.

Zumeist lockere, mündliche Absprachen sollten vermieden werden, da es immer wieder zu Missverständnissen und Streitigkeiten kommen kann. Handlungs- und Auslegungsspielraum sind bei solch mündlichen Nebenabreden zu groß.
Diese Prämie als Gesundheitsprämie des Arbeitgebers verstanden, kann einige Vorteile mit sich bringen:

• Reduktion von Fehltagen, vor allem bei Kurzzeiterkrankungen
• Kostenreduktion beim Personal
• Stärkung des Stellenwerts der Gesundheitsvorsorge
• Chance auf eine Bonuszahlung für alle Mitarbeiter

Interessant ist durchaus auch die Entwicklung, dass manche Unternehmen in verschiedenen Branchen erwägen, eine Anwesenheitsprämie in Form eines Anreizes zu setzen, um die Mitarbeiter nach der langen, corona-bedingten Zeit des Home-Office und mobilen Arbeitens wieder zur Rückkehr in die Büros zu bewegen – Sicherlich ein spannender Ansatz.

Steuervorteile nutzen: Die Anwesenheitsprämie als steuerfreien Sachbezug ausgeben

Für die Ausschüttung der Anwesenheitsprämie gibt es verschiedene Optionen. Viele Unternehmen geben diese Prämie oft wegen eines geringeren Aufwands, einmalig am Anfang des Folgejahres aus. Manche Firmen hingegen entscheiden sich dafür, die Anwesenheitsprämie monatlich auszuschütten, da diese Form der regelmäßigen Wertschätzung bei den Arbeitnehmern wesentlich stärker wahrgenommen wird. Und zu guter Letzt, kann sich die Anwesenheitsprämie auch aus einer Kombination von monatlicher und einmaliger Ausschüttung zusammensetzen.

Steuervorteil der monatlichen Anwesenheitsprämie

Zusätzlich kommt bei der monatlichen Ausgabe ein weiterer Vorteil hinzu: Bei der üblichen Ausschüttung ist die Anwesenheitsprämie steuerpflichtig, wenn sie aber als Sachbezug ausgegeben wird, kann sie steuerfrei sein. Denn im Rahmen des steuerfreien Sachbezugs über Gutscheine oder eine Sachbezugskarte ist das möglich. Dabei ist zu beachten, dass Sie die jeweils aktuelle gesetzliche Freigrenze nicht überschreiten, da sonst der komplette Betrag zu versteuern ist.

Eine einmalige Ausgabe in Form des Sachbezuges ist hingegen nicht steuerfrei, selbst wenn der Gesamtwert auf die einzelnen Monate verteilt unter die aktuell gültige Freigrenze fallen würde (Im Jahr 2022 wären das beispielsweise 600 Euro bei 12 x 50 Euro im Monat).

Edenred bietet Ihnen als Arbeitgeber verschiedene, rechtskonforme Möglichkeiten zur Ausschüttung der steuerfreien Prämie. Fragen Sie uns – wir beraten Sie gerne.

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Nachteile einer Anwesenheitsprämie

Genauso wie eine Anwesenheitsprämie als Gesundheitsprämie verstanden, Vorteile haben kann, gibt es ebenso mögliche Nachteile. Da die Anwesenheitsprämie im Rahmen des Sachbezugs steuerfrei ist, verspricht sie bei keinen oder wenigen Fehlzeiten erst einmal einen starken Mehrwert. Doch ist das wirklich ein reiner Vorteil? Nicht unbedingt, denn die Botschaft könnte auch ganz anders aufgefasst werden.

So kann dabei der Eindruck entstehen „Mein Chef denkt, ich mache krank“, was dazu führen kann, dass sich Mitarbeiter krank zur Arbeit zur Arbeit schleppen. Und das nicht nur, um Kürzungen der versprochenen Prämie zu vermeiden, sondern auch, weil sie sich persönlich getroffen fühlen, das Pflichtgefühl groß ist und sie nicht im falschen Licht beim Chef stehen wollen.

Dabei wünscht sich sicher kein Arbeitgeber, dass seine Mitarbeiter krank zur Arbeit kommen. Denn zum einen ist ein kranker Arbeitnehmer nicht voll einsatz- und leistungsfähig und zum anderen verlängert ich seine Regenerationszeit. Zusätzlich kommt das Risiko der Ansteckung von Kollegen hinzu. Daher spielt die Kommunikation in der Umsetzung einer Anwesenheitsprämie eine entscheidende Rolle.
Weitere Nachteile, die entstehen können:

• Die Anwesenheit wird der Leistung übergeordnet, wodurch Leistungsbereitschaft sowie Zielorientierung sinken.
• Bei Mitarbeitern, die gerne zur Arbeit kommen, kann die intrinsische Arbeitsmotivation sinken.

Die 7 besten Tipps, um die Anwesenheit der Mitarbeiter zu erhöhen

Wie lässt sich also jetzt die Mitarbeitermotivation stärken und dadurch die Anwesenheit der Mitarbeiter automatisch erhöhen, ohne negative Effekte einer reinen Anwesenheits- bzw. Gesundheitsprämie in Kauf zu nehmen? Diese 7 Tipps können dabei unterstützen:

1. Fehlzeiten analysieren
Weshalb erscheinen Ihre Mitarbeiter nicht zur Arbeit – und vor allem wann? Sind sie wirklich krankgeschrieben oder kommt immer zufällig vor einem wichtigen Termin die Migräne?

2. Arbeitsplatz optimieren
Ist der Arbeitsplatz ergonomisch gestaltet? Handelt es sich um einen Desk-Share-Platz oder haben die Mitarbeiter einen festen Platz im Büro und die Möglichkeit, diesen persönlich zu gestalten?

3. Flexible Arbeitszeiten
Eine Work-Life-Balance ist das A und O für viele Angestellte. Die freie Zeit abseits der Arbeit schafft Raum für neue Energie und tut Geist und Seele gut.

4. Fachliche Freiräume Bieten
Sie Ihren Mitarbeitern die Möglichkeit, sich fachlich weiterzuentwickeln und ihre Karriere in die eigene Hand zu nehmen.

5. Weiterbildungsmöglichkeiten
Bieten Sie Ihrem Team Zeit für den Besuch von Konferenzen und Seminaren, um den fachlichen Horizont zu erweitern.

6. Mitarbeiterauswahl
Schauen Sie genau hin, wen Sie ins Boot holen. Sind die Bewerber von Beginn an engagiert und motiviert oder leben sie eher in den Tag hinein und der gewisse „Drive“ fehlt?

7. Stärken nutzen
Die größte Mitarbeitermotivation ist die Förderung der individuellen Stärken. So fühlen sie sich wertgeschätzt und können ihre Expertise vorantreiben.

Gesetzliche Regelungen zur Anwesenheitsprämie

Im Arbeitsrecht ist die Anwesenheitsprämie bzw. Gesundheitsprämie nicht geregelt, denn es gibt für sie kein explizites Gesetz. Die Grundlage bilden meistens die jeweils gültigen Arbeits- und Tarifverträge sowie Betriebsvereinbarungen. Als Prämie zählt sie aber zu den Sonderzahlungen und unterliegt somit dem Entgeltfortzahlungsgesetz (EFzG).

Wann kann die Anwesenheitsprämie gekürzt werden?

Die Basis zur Kürzung der Sonderzahlung einer Prämie ist im Entgeltfortzahlungsgesetz (§4a EntgFG) niedergeschrieben. Hier wird erläutert, dass die Kürzung einer Sonderzahlung im Krankheitsfall erlaubt ist – je Krankheitstag um höchstens ein Viertel des Arbeitsentgelts, welches im Jahresdurchschnitt auf einen Arbeitstag anfällt.

Sollte der Arbeitnehmer unentschuldigt fehlen, ist ein kompletter Abzug eines Arbeitstages gestattet. So auch bei unbezahltem Sonderurlaub. Im Rahmen des gesetzlichen Mindesturlaubs hat der Arbeitnehmer vollen Anspruch auf die Prämie, bei unbezahltem Sonderurlaub hingegen entfällt der Anspruch und Kürzungen sind erlaubt.

Steuerliche Bewertung von Sondervergütungen

Anwesenheitsprämien in Form von Geld oder Geldwert gehören zum Arbeitslohn (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. § 8 Abs. 1 EStG) und sind daher lohnsteuer- und sozialabgabenpflichtig. Auszahlungen von Feiertags-, Sonntags- oder Nachtarbeitszuschüssen gehören zwar ebenfalls dazu, sind aber lohnsteuer- und sozialabgabenfrei (§ 3b EStG, R 3b LStR und H 3b LStH).

Die Ausschüttung einer Prämie im Mutterschutz

Leistungsminderungen aufgrund von Mutterschutzzeiten sind gemäß eines Urteils des Europäischen Gerichtshofes (bzgl. Gleichstellung von Mann und Frau, Art. 141 Amsterdamer Vertrag) unzulässig – somit sind auch Minderungen einer Anwesenheitsprämie nicht gestattet.

Hinweis: Eine Sonderzahlung, wie eben die Anwesenheitsprämie, sollte immer klar vereinbart und schriftlich festgehalten werden. So kann auch eine testweise Einführung über einen bestimmten Zeitraum ermöglicht werden, ohne dass darüber hinaus ein ungewollter Anspruch geltend gemacht werden kann. Die Niederschrift sollte im Einklang des Wortlauts aus §4a des Entgeltfortzahlungsgesetzes verfasst werden.

Anwesenheitsprämie – Ein Beispiel aus der PS Union Group

Darüber, wie die Anwendung einer Anwesenheitsprämie mittels steuerfreiem Sachbezug in Gutscheinform praktisch aussehen kann, haben wir mit Herrn Zeller von der PS Union Group gesprochen.

Herr Zeller, wie funktioniert die Anwesenheitsprämie bei PS Union?
"Zunächst einmal sprechen wir nicht von einer Anwesenheitsprämie, sondern von einer Gesundheitsprämie. Wir möchten niemandem unterstellen, krank zu „feiern“. Wer krank ist, ist krank. Dennoch gibt es Möglichkeiten einer Krankheit vorzubeugen oder diese durch wirkliche Erholungsphasen schnell auszukurieren.
Mit der Prämie wollen wir diejenigen belohnen, die sich gesundhalten und zudem einen Anreiz für die Gesunderhaltung unserer Mitarbeiter geben. Für die Auszahlung nutzen wir den 44 Euro Sachbezug*, d.h. die anfallende Prämie wird auf die Gutscheinkarte von Edenred aufgeladen, die jeder Mitarbeiter zu Beginn erhalten hat."

Wie gehen Sie mit dem Risiko um, dass sich kranke Arbeitnehmer stigmatisiert fühlen oder trotz Erkrankung zur Arbeit schleppen?
"Wenn man krank ist, soll man auch nicht krank auf die Arbeit kommen und die Kollegen anstecken. Deshalb haben wir Kulanztage eingeführt, in dessen Rahmen ebenfalls eine Auszahlung fällig wird. Wir unterstützen unsere Mitarbeiter außerdem mit einem Gesundheitsmanagement oder Sport-Team-Events. Das wichtigste Gut für uns, ist ein fitter und gesunder Mitarbeiter."

Welche langfristigen Auswirkungen der Prämie lassen sich feststellen, insbesondere auf die Anwesenheit von Arbeitnehmern, aber auch auf das Betriebsklima?
"Wir konnten eine Verbesserung der Krankentagestatistik verzeichnen. Wir liegen noch deutlich unter dem Bundesdurchschnitt. Die Kollegen finden das System fair und gerecht. Die Kulanztage waren für die Akzeptanz sicherlich entscheidend."

Was würden Sie anderen Arbeitgebern raten, die über eine Einführung einer Gesundheitsprämie nachdenken?
"Holen Sie alle Bezugsgruppen ins Boot. Informieren Sie alle über die Vorteile und die Möglichkeiten. Sehen Sie es als Belohnungssystem für die Gesunderhaltung. Es ist kein Bestrafungssystem für Krankheit - das muss man klar kommunizieren und auch in einer Vereinbarung fixieren."

* Der Ausschnitt des Interviews stammt aus dem Jahr 2017. Seit dem Jahr 2022 gilt die Erhöhung der Freigrenze des steuerfreien Sachbezugs auf 50 Euro.

Bevor eine Anwesenheitsprämie im Unternehmen eingeführt wird, sollte also zunächst überlegt werden, ob diese zum Unternehmen passt und ob die Möglichkeit besteht, die Wirkung über eine entsprechende Kommunikation und begleitende Maßnahmen wie bei der PS Union zu steuern. Ist das nicht der Fall, so können je nach Branche und Unternehmensgröße auch andere Herangehensweisen zum Ziel führen.

Alternative: Leistungsprämie als Anreiz zur Zielerreichung

Im Grunde geht es in jedem Unternehmen um die Erreichung von wirtschaftlichen Zielen. Warum also nicht eine Prämie als Alternative zur Anwesenheitsprämie an die jeweilige Zielerreichung der Mitarbeiter knüpfen oder an den erfolgreichen, pünktlichen Abschluss eines Projekts? Dies ließe sich beispielsweise auch auf ein gemeinsames Team-Ziel übertragen.

In Branchen die häufig mit hohen Fehlzeiten an Wochenenden und Feiertagen kämpfen, wäre zudem ein positiver Ansatz, nicht bei den kranken Mitarbeitern etwas abzuziehen, sondern die Kollegen zu belohnen, die für die erkrankten Kollegen einspringen.

Mehr dazu und weitere Ideen finden Sie auch in unserem kostenfreien E.Paper „5 Praxisbeispiele für steuerfreie Mitarbeiterprämien“.

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